CO2 – Nutzung

Definition des Technologiefeldes

Kohlendioxid ist als Verbrennungsprodukt von kohlenwasserstoffhaltigen Materialien eine stabile und unreaktive Verbindung. Dennoch ist es möglich, CO2 mit reaktiven Reaktionspartnern und mit Hilfe reaktiver Reagenzien und/oder Katalysatoren zu neuen chemischen Verbindungen umzusetzen. Die Konvertierung von Kohlendioxid in höherwertige Produkte kann chemisch, elektrochemisch, biochemisch oder photochemisch erfolgen. Für die Aktivierung des Kohlendioxids ist der Einsatz von Energie notwendig (thermisch, elektrisch, chemisch oder Licht). In diesem Bericht wird die CO2-Nutzung in die Technologiegruppen biologische, physikalische und chemische Nutzung von CO2 unterteilt.

Bei der biologischen Nutzung können konzentrierte CO2-Ströme u. a. das Wachstum von Mikroalgen beschleunigen. Dabei wird das CO2 über Photosynthese von den Algen aufgenommen und in Biomasse umgewandelt, aus der anschließend Produkte für die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie sowie Chemikalien und Kraftstoffe gewonnen werden können. Physikalisch kann CO2 aufgrund der physikalischen Eigenschaften ohne Umwandlungsprozesse direkt als Molekül für technische Anwendungen genutzt werden. Beispiele dafür sind der Einsatz von CO2 beim Enhanced Oil Recovery, in der Getränkeindustrie, als Löschmittel und für die Entkoffeinierung von Kaffee.

Im Folgenden liegt der Schwerpunkt der Betrachtung des Technologiefeldes auf der chemischen Nutzung, mit den zugehörigen „Technologien“ Synthese von Bulkchemikalien und Polymeren. Obwohl die Synthesetechniken weiter in einzelne Reaktionen oder Prozesse, wie die Synthese von Methanol, Harnstoff oder synthetischem Diesel unterteilt werden können, werden primär diese Prozesse („Technologien“) im Gesamten betrachtet.

Aktueller Stand der Technologie

Im Bereich der chemischen Nutzung von CO2 existieren aktuell nur wenige kommerzielle Prozesse, bei denen CO2 als Rohstoff eingesetzt wird. Zu den Produkten zählen Harnstoff, Methanol, Salicylsäure, organische Carbonate, Polycarbonate und Polyurethane. Von den insgesamt (global) eingesetzten 116 Mio. t CO2 werden 94 % ausschließlich für die Harnstoff-Synthese genutzt. Die Synthese erfolgt in einem zweistufigen Verfahren bei Drücken zwischen 150 bis 200 bar und Temperaturen von 150 bis 200 °C. Im ersten Schritt wird aus Ammoniak und CO2 Ammoniumcarbamat gebildet, das im zweiten Schritt zu Harnstoff dehydriert wird. Im Jahr 2012 wurden weltweit 58 Mio. t Methanol über Synthesegas, bestehend aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff, hergestellt. Beim konventionellen Prozess besteht die Möglichkeit CO2 dem Synthesegas beizumischen. Durch eine umgekehrte Wassergas- Shift Reaktion wird das CO2 durch Wasserstoff zu Kohlenmonoxid reduziert. Im Jahre 2007 wurden damit rund 6 Mio. t CO2 als Rohstoff bei der Methanol-Synthese eingesetzt. Salicylsäure wird industriell über die Kolbe-Schmidt-Synthese durch die Reaktion von Natriumphenolat mit Kohlendioxid bei 150 bis 160 °C und 5 bar und anschließender Ansäuerung mit Schwefelsäure hergestellt. Die Produktionsmenge an Salicylsäure betrug im Jahr 2011 etwa 0,17 Mio. t. In den 50er Jahren wurden erstmals organische Carbonate, wie Ethylencarbonat und Propylencarbonat, über die Reaktion von CO2 mit Epoxiden hergestellt. Die Reaktion läuft bei Temperaturen zwischen 150 und 170 °C und Drücken von 70 bis 100 bar ab. Im Jahr 2009 wurden etwa 100.000 t organische Carbonate auf diese Weise hergestellt. Im sog. Asahi Kasei Prozess wird Bisphenol-A-Polycarbonat aus Ethylenoxid, Bisphenol-A und CO2 hergestellt. Das Gesamtverfahren ist ein Beispiel für eine kommerzielle Einbindung von CO2 in einem Kunststoff. Vor der Einführung des Prozesses im Jahr 2002 wurden aromatische Polycarbonate über Kohlenmonoxid oder Phosgen hergestellt. Bis zum Jahr 2009 wurden weltweit sechs Asahi Kasei-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von ungefähr 0,6 Mio. t pro Jahr gebaut. Jedoch ist die Menge an Kohlendioxid, die dabei als Rohstoff eingesetzt wird, mit 0,17 kg CO2 pro kg des Polymers relativ gering. Im Jahr 2010 wurden 70.000 t Polypropylencarbonat durch die Synthese von CO2 mit Propylenoxid hergestellt. Unter der Annahme, es handele sich um eine ausschließliche Co-Polymerisation von CO2 und Propylenoxid, ohne die Polymerisation des Epoxids zu Poly-Ethern, werden für die Herstellung von einem Kilogramm Polymer 0,43 kg CO2 eingesetzt. CO2 kann auch als Rohstoff für die Herstellung von Polyolen eingesetzt werden. Die Polyole werden anschließend mit Diisocyanaten zu Polyurethan-(PUR) Schaumstoffen umgesetzt (z. B. zur Herstellung von Matratzen und Polstermöbeln oder Nutzung in der Automobilindustrie). Dabei wird CO2 chemisch fest in das Material eingebunden und hat einen Massenanteil von 20 % im Endprodukt.

Bei einem Großteil der Reaktionen handelt es sich um reine Grundlagenforschung, die – wenn überhaupt – erst im Labormaßstab realisiert wurden. Eine Ausnahme ist die Polyurethan-Produktion, bei der Grundlagenforschungserkenntnisse in relativ kurzer Zeit in eine kommerzielle Produktion umgesetzt wurden. Für fast alle der zuvor vorgeschlagenen Reaktionen ist jedoch nicht absehbar, ob sie für eine kommerzielle Nutzung weiterentwickelt werden. Im Folgenden wird die Bewertung von Entwicklungsstadien für einige ausgewählte Produkte oder Verfahren vorgenommen, die als visionär oder zukunftsweisend zu bezeichnen sind: Da für einige Stoffe schon der Labornachweis erfolgt ist, wird der TR-Level der photokatalytischen Aktivierung mit TRL 3 und der TR-Level der elektrochemischen Aktivierung mit TRL 4 bewertet. Auch beim Einbau von C1 für Polymere ist der TRL-Bewertungsgrad vom jeweiligen Produkt bzw. Verfahren abhängig. Legt man beispielsweise die PUR-Herstellung zugrunde, ist ein TR-Bewertungsgrad von TRL 7 bis 8 anzusetzen. Bei anderen Polymeren wird der Einbau von CO2-Molekülen in einer Bandbreite von TRL 3 bis TRL 4 geschätzt. Es existieren einige Produkte, die bereits heute schon kommerziell hergestellt werden (z. B. Methanol, Harnstoff oder Methan). Diese Produkte auf Basis von CO2-Hydrierung werden in einem Bereich von TRL 7 bis TRL 9 bewertet. Hingegen ist die Herstellung von Dimethylether (DME) in einer Bandbreite von TRL 4 bis 5 zu bewerten.

Quellen

Viebahn, P.; Zelt, O.; Fischedick, M.; Hildebrand, J.; Heib, S.; Becker, D.; Horst, J.; Wietschel, M.; Hirzel, S. (2018): Technologien für die Energiewende. Politikbericht an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Wuppertal, Karlsruhe, Saarbrücken.


Grundlage dieser Zusammenfassung: Otto, A.; Markewitz, P.; Robinius, M., Stolten, D. (2017): Technologiebericht 2.4 CO2-Nutzung.