Energieeffiziente Prozesstechnologien
Definition des Technologiefeldes
Die Eisen- und Stahlindustrie, die Papierindustrie und die Zementindustrie verursachen zusammen in etwa ein Drittel des Endenergieverbrauchs des gesamten, sehr heterogenen Industriesektors in Deutschland, weshalb der Fokus hier auf diesen Branchen liegt. Der Begriff ‚Energieeffiziente Prozesstechnologie‘ wird hier bewusst um ‚CO2-arme Prozesstechnologien‘ erweitert, da Prozesse, die drastisch die CO2- Emissionen senken, ggf. mehr Energie verbrauchen können als derzeitige Prozesse.
Aktueller Stand der Technologie
In Deutschland besitzt die Eisen- und Stahlindustrie mit 21 % den größten Anteil am Endenergiebedarf des Industriesektors und trägt auch maßgeblich zum CO2-Ausstoß bei. Stahl wird in Deutschland im Wesentlichen mittels zweier Varianten hergestellt. Im Primärverfahren wird in der Hochofenroute Eisenerz mithilfe von Koks und Kohle zu Roheisen weiterverarbeitet. Das weniger energieintensive Sekundärverfahren recycelt mit dem Elektrolichtbogenofen Schrott zu Rohstahl. Die Elektrostahlroute macht in Deutschland ungefähr 30 % der Stahlproduktion aus und es ist davon auszugehen, dass ihr Anteil zukünftig weiter anwächst. Das Potenzial von Effizienzmaßnahmen in der Eisen- und Stahlindustrie ist begrenzt. Solche Maßnahmen umfassen beispielsweise die Abwärmenutzung am Elektrolichtbogenofen oder der Hochofenschlacke, das Dünnbrammengießen oder die Optimierung des Hüttengasverbundes (z. B. Carbon Capture and Utilization, CCU oder Hochofen mit Gichtgasrückführung). Alternative Verfahren wie das Schmelzreduktionsverfahren verzichten im Gegensatz zur Hochofenroute auf die energieintensiven Prozesse der Koksofen- und der Sinteranlage, indem Kohle und Erze direkt in den Reaktor gegeben werden. Weiterreichende CO2-Reduktionen lassen sich nur über neue Prozesstechnologien erzielen, die nicht mehr auf Kohle als Reduktionsmittel basieren, sondern CO2-arme Alternativen nutzen (CO2-arm erzeugter Wasserstoff oder Strom). Die Stahlherstellung mit Wasserstoff ist über die Direktreduktion möglich (H2-DRI; TRL 4). Weiterreichende CO2-Reduktionen in der Stahlherstellung werden voraussichtlich auch zu einem erhöhten Energiebedarf führen. Bei der Erzeugung von Stahl auf Basis von Wasserstoff stellt die Umwandlung von Strom in Wasserstoff einen energieintensiven Schritt dar. Die Rückführung des Gichtgases in den Hochofen (Top Gas Recycling) erfordert u. a. eine zusätzliche energieintensive Gasreinigung.
In der Papierindustrie lag der Endenergieverbrauch 2015 bei ca. 233 PJ. THG Emissionen sind bei der Papierproduktion vorrangig auf die Verwendung von Strom und Brennstoffen zurückzuführen. Für die Herstellung von Papier werden zunächst aus Holz und Altpapier Faserstoffe hergestellt. Bei der Stoffaufbereitung werden die Faserstoffe nach der Suspension mit Wasser in einem Refiner gemahlen, was u. U. sehr energieintensiv sein kann. In der Papiermaschine wird die Fasersuspension zu einer Papierrolle transformiert; hierbei tragen die Handhabung von Entwässerung und Trocknung wesentlich zu einer energieeffizienten Papiermaschine bei. Bei der Weiterentwicklung der Papiermaschinen liegt der Schwerpunkt vor allem auf einer Erhöhung der Produktionskapazität und -geschwindigkeit. Zur Energieeffizienzsteigerung bei der Stoffaufbereitung bzw. der Mahlung des Faserstoffes im Refiner kann eine Kompressionsmahlung eingesetzt werden. Im Bereich der Trocknung stehen verschiedene Ansätze zur Auswahl: der Ansatz der Impulstrocknung, außerdem die Dampfprall- und Luftpralltrocknung, die Kondensationsband-Trocknung oder auch die luftlose Trocknung. Neben den technischen Verbesserungen reduziert das Recycling von Papier ebenfalls stark den Energieverbrauch. Zwei exemplarische Ansätze zur Erreichung von Reduktionszielen sind: a) Black liquor Vergasung (TRL 8) – Black liquor („Schwarzlauge“) ist ein energiereiches Nebenprodukt der Zelluloseherstellung in der Papierindustrie. Durch die Verbrennung der Schwarzlauge kann ein Teil des Energiebedarfs innerhalb der Papierproduktion gedeckt werden. Möglich wäre auch eine Vergasung der Schwarzlauge, mit der im Anschluss Biowasserstoff beziehungsweise Biogas hergestellt werden kann. b) Chemische Fasermodifikation (TRL 7) – Diese selektiven Modifizierungsverfahren lassen sich in die Stoffaufbereitung einer Papier- oder auch Zellstofffabrik integrieren, wodurch völlig neue Eigenschaften der Fasern und Papiere erreicht werden können. Prinzipiell stehen drei Verfahren zur Auswahl: der Einsatz von Carboxymethylcellulose, die Beschichtung der Faserwand mit Polyelektrolyten oder die Zugabe von microfibrillärer Cellulose. Die Energieeinsparungen können bis zu 100 kWh/t Papier betragen. Langfristig kann die Energieeffizienz durch wasserlose Herstellungsverfahren gesteigert werden. Die Zementindustrie ist charakterisiert durch einen vergleichsweise hohen Anteil der Brennstoffe am Endenergieverbrauch. Etwa 70 % (12,65 Mio. t in 2014) der gesamten CO2-Emissionen der dt. Zementindustrie sind rohstoffbedingt. Zement wird in vier Verfahrensschritten hergestellt. Zunächst wird das Rohmaterial (Kalkstein, Kalkmergel, Ton und Sand) gewonnen und anschließend zu Rohmehl aufbereitet. Im dritten Schritt wird das Rohmehl mithilfe von Brennstoffen zu Zementklinkern gebrannt. Dieser wird abschließend, ggf. mit Zusätzen, gemahlen. Zwar konnten die spezifischen CO2-Emissionen zwischen 1990 und 2010 von etwa 350 kg CO2/t auf 175 kg CO2/t Zement reduziert werden, jedoch stagniert dieser Wert seitdem weitestgehend. Zur Steigerung der Energieeffizienz und Verringerung des CO2-Ausstoßes gibt es bei der Herstellung von Zement drei wesentliche Möglichkeiten: a) Reduzierung des Klinkeranteils im Zement durch Erhöhung des Anteils an Zumahlstoffen (z. B. die granulierte Hochofenschlacke oder Kalksteinmehl), wodurch thermische Energie eingespart werden kann, die für das Klinkerbrennen benötigt wird. b) Verstärkter Einsatz von Sekundärbrennstoffen (aus Abfall wie z. B. Kunststoffe oder Hausmüll und biogenen Brennstoffen) zur Schonung fossiler Energieträger. c) Einsatz energieeffizienter und prozessoptimierter Maschinen und Anlagen, wie beispielsweise durch den Bau von größeren Ofeneinheiten sowie kleineren Durchmessern und kürzeren Öfen, zur Reduktion spezifischer Wärmeverluste. Weitere Einsparungen können durch die Vorwärmung des Rohmaterials, des Brennstoffs und der Verbrennungsluft unter Nutzung von Abwärme erzielt werden. Durch das Organic-Rankine-Cycle- (ORC) Verfahren könnte zudem die Abwärme aus der Klinkerkühlerabluft auch zur Stromerzeugung verwendet werden. Beim Mahlen des Rohmaterials, Brennstoffs und Klinkers kann Energie durch den Einsatz von Vertikal-Walzmühlen und Gutbett- Walzmühlen anstatt der üblichen Kugelmühlen eingespart werden. Weiteres sehr hohes Reduktionspotenzial wird folgenden Ansätzen zugesprochen: dem Post- Combustion CO2-capture (das CO2-haltige Abgas wird nach dem Verbrennungsvorgang durch chem. Absorption gebunden und vom Abgas getrennt), dem Oxyfuel- Verfahren (der Stickstoff in der Luft wird vom Sauerstoff abgetrennt, es erfolgt eine O2-reiche Verbrennung von Kohle; das CO2-reiche Abgas kann eingelagert oder industriell weiterverwendet werden; TRL 6) sowie den Low-carbon Zementen (neuartige Zemente, die in Bezug auf Anwendungen und Eigenschaften mit herkömmlichem Portlandzement vergleichbar sind, jedoch bei der Herstellung nur in etwa 50 % der Energie benötigen und 50 % des CO2 ausstoßen; TRL 6).
Quellen