Großkraftwerke Kohle, Gas, Öl und Kombikraftwerk
Kohlekraftwerke
Kurzdarstellung
Neben dem Brennmaterial selbst (Braun- oder Steinkohle) unterscheiden sich Kohlekraftwerke besonders in Ihrer Feuerung. Derzeitige Bestrebungen einer Druckbefeuerung wurden zwar technisch umgesetzt, jedoch ist die atmosphärische Befeuerung nach wie vor die etablierteste Feuerungsart. Diese unterschiedet sich wiederum in Staub- und Wirbelschichtfeuerung. Letztere ist für unterschiedliche Brennstoffmaterialien (Kohle, Biomasse, Klärschlamm, Raffinerierückstände etc.) geeignet. Nach der Feuerung wird überwiegend ein Wasser/Dampfkreislaufprozess geschaltet. Zudem werden Abgasreinigungssysteme für die Abscheidung von Staub, SO2 und NOx eingesetzt. Die Frischdampferzeugung von Steinkohlekraftwerken mit Staubfeuerung erfolgt bei 285 bar und 600° C, woraus ein Netto-Wirkungsgrad von 46 % erreicht wird. Braunkohlekraftwerke erreichen einen Druck von 272 bar bei gleicher Temperatur. Daraus ergibt sich ein Netto-Wirkungsgrad von 43 %. Kohlekombikraftwerke mit integrierter Kohlevergasung genieren Gas durch die Erhitzung der Kohle bei ca. 1300° C und 30 bar, das einer Gasturbine zugeführt und verbrannt wird. Das Gas wird vorher von ungewollten Verbindungen befreit. Vorteil dieser Anlage ist, dass Sie schneller auf Lastschwankungen reagieren können und das Gas zwischengespeichert werden kann.
Kohlekraftwerke sind Kaltstartfähig. Ein Heißstart dauert meistens 2-6 Stunden.
Kohlekraftwerke können in Zukunft durch den Zubau eines Wärmespeichers als Systemspeicher eingesetzt werden. Das notwendige Wärmeaufkommen kann in Zeiten eines Überschusses an Strom mit einem elektrischen Heizstab erzeugt werden (Forschungsprojekt DLR, Carnot-Batterie).
Beispielhafte Investitionsrechnung
Die spez. Kosten pro installierte Leistung betragen bei Braunkohle 1.800 €/kW und bei Steinkohle 1.600 €/kW. Mit typischen Anlagengrößen von 1.100 MW (Braunkohle) und 800 MW (Steinkohle) ergeben sich Baukosten in Höhe von ca. 2 Mrd. bzw. 1,2 Mrd. Euro. Diese werden durchschnittlich auf 40 Jahre ausgelegt. Zusätzlich fallen Betriebs-, Brennstoff- und CO2-Kosten an, sodass final Stromgestehungskosten von 4,5 – 6 Cent/kWh entstehen.
Gaskraftwerke
Kurzdarstellung
Eine Gasturbine besteht aus drei Prozessschritten. Zuerst wird Luft verdichtet (1) und in eine Brennkammer geführt, wo es mit Brennstoff vermischt und gezündet wird (2). Durch die Ausdehnung des Gasgemisches entsteht ein Schub, der auf eine Turbine geleitet (3) seine Energie auf eine Welle abgibt. Die Welle treibt wiederrum den Verdichter aus Prozessschritt (1) an. Der Überschuss an Wellenenergie wird durch einen Generator in Strom umgewandelt. Der Wirkungsgrad ist besonders durch die Eintrittstemperatur abhängig, welche selbst von den Materialeigenschaften der Anlage beschränkt wird. Zudem gibt es mehrere Verschaltungen des Strömungsverlaufs, um Wärmeenergie in den einzelnen Prozessschritten untereinander auszutauschen. Zudem kann durch das einspritzen von Wasser ein höherer Schub erreicht werden. Ein nachgelagerter Dampfprozess kann den Wirkungsgrad nochmal verbessern (Gas- und Dampfprozess, GuD). Dabei wird die Abwärme der Gasturbine einem Druck-Abhitzedampferzeuger zugeführt. Der gewonnene Frischdampf wird über eine Dampfturbine und einem Generator in Strom umgewandelt. Gaskraftwerke sind besonders für schnelle Lastwechsel geeignet und sind Kaltstartfähig.
Beispielhafte Investitionsrechnung
Die Investitionskosten liegen bei ca. 800 €/kW bei GuD und bei 400 €/kW bei Gasturbinen. Relevante Anlagengrößen liegen zwischen 100 und 300 MW bei Gasturbinen und bis zu 600 MW bei GuD-Anlagen. Kostentreiber sind Brennstoffeinsatz, CO2-Preise und die Volllaststundenzahl (2000 und 5000 h). Somit ergeben sich bei Gasturbinen Stromgestehungskosten in Höhe von 10 – 22 Cent/kWh und bei GuD-Anlagen 8-10 Cent/kWh. Da die Anlagen jedoch stark in die Merit Order der Systemdienstleistung eingebunden sind, werden Gaskraftwerke trotz ihrer hohen Stromgestehungskosten weiterhin eingesetzt.
Ölkraftwerke
Kurzdarstellung
Es gibt drei Bauformen von Ölkraftwerken. (1) Das Öl wird verbrannt und treibt einen Dampfprozess an, in dem eine Turbine die Kraft an einen Generator abgibt. Diese Anwendung ist nicht mehr verbreitet. (2) Das vorgewärmte Öl wird in einem Dieselmotor (Verbrennungsmotor mit Kompressionszündung) verwendet. Sie dienen zur Notstromversorgung, Blockheizkraftwerke oder als Schiffsmotoren. (3) In Ölgefeuerten Gasturbinen werden die flüchtigen Stoffe durch Hitze erzeugt, wonach sie einer Gasturbine zugeführt werden. Die Anlagen sind für breite Anwendungsfälle ausgelegt, sodass unterschiedliche Öl- oder Gasqualitäten verwendet werden können.
Beispielhafte Investitionsrechnung
Bei einer 10 MW Anlage betragen die spez. Investitionskosten 500 €/kW. Die Betriebskosten werden mit 2 €/MWh angesetzt. Zudem hat das Kraftwerk eine Laufzeit von 25 und eine Volllaststundenzahl von 3260 h. Daraus ergeben sich Stromgestehungskosten von 9,41 Cent/kWh.
Definition des Technologiefeldes
Das Technologiefeld zentrale Großkraftwerke umfasst kohlegefeuerte und gasgefeuerte Kraftwerke. Bei ersteren wird zwischen steinkohlegefeuerten und braunkohlegefeuerten Kraftwerken unterschieden, beide basieren auf dem Prinzip der Kohleverbrennung. Die hier als Exkurs betrachteten Kohlekombikraftwerke sowie die Polygeneration arbeiten nach dem Prinzip der Kohlevergasung.
Aktueller Stand der Technologie
Steinkohlekraftwerke (TRL 9): Heutige moderne Steinkohlekraftwerke werden in einer blockspezifischen Leistungsklasse von mehr als 700 MWel gebaut. Neuanlagen, die in Deutschland in den letzten Jahren in Betrieb genommen wurden, besitzen Frischdampfparameter von 285 bar und 600 °C und erreichen damit Nettowirkungsgrade von über 46 %. Alle großen Kohlekraftwerke sind mit hocheffizienten Rauchgasreinigungssystemen ausgestattet. Für die Einhaltung der SO2- und NOX-Grenzwerte werden Abgasreinigungssysteme eingesetzt, die seit Einführung der Großfeuerungsanlagenverordnung (13. BImSchV) Anfang der 1980er Jahre kontinuierlich weiterentwickelt wurden. Die Reduzierung der Schwefeldioxidemissionen erfolgt in aller Regel mit kalkbasierten Wäschen, während für die Stickoxidreduktion neben feuerungstechnischen Primärmaßnahmen auch Sekundärmaßnahmen wie Selective- Catalytic-Reduction-Prozesse zum Einsatz kommen. Die Kapazität der deutschen Steinkohlekraftwerke betrug im Jahr 2014 ca. 34,4 GW (inkl. Mischfeuerungen). Der Anteil an der Bruttostromerzeugung lag im Jahr 2015 bei etwa 18 %.
Braunkohlekraftwerke (TRL 9): Heutige moderne Blockgrößen von Braunkohlekraftwerken decken eine Leistungsbandbreite von 600 bis über 1.000 MW ab. Die in jüngerer Zeit in Betrieb genommenen Kohleblöcke besitzen vergleichbare Dampfparameter und ähnliche Wirkungsgrade wie moderne Steinkohlekraftwerke. Neben den üblichen Maßnahmen der Effizienzsteigerung (z. B. Steigerung der Dampfparameter, Prozessoptimierung etc.) besteht eine weitere Möglichkeit darin, Trockenbraunkohle einzusetzen. Beim Trocknungsprozess wird latente Wärmeenergie zurückgewonnen, was wiederum die Effizienz erhöht. Allerdings befindet sich der Trocknungsprozess noch in der Entwicklungsphase, so dass auch die neusten Braunkohlekraftwerke nur über eine konventionelle Mühlentrocknung verfügen. Verglichen mit Steinkohlekraftwerken liegen die Verbrennungstemperaturen niedriger, was die Bildung von thermischen Stickoxiden verringert. Die derzeitigen NOX-Grenzwerte lassen sich mit Primärmaßnahmen (z. B. gestufte unterstöchiometrische Verbrennung) einhalten, so dass Sekundärmaßnahmen (Abgasreinigung) nicht erforderlich sind. Wie bei den Steinkohlekraftwerken werden auch in Braunkohlekraftwerken Kalkwäschen zur Rückhaltung der Schwefeldioxidemissionen eingesetzt. Im Jahr 2014 betrug die in braunkohlegefeuerte Kraftwerksleistung in Deutschland ca. 23 GW. Der Anteil an der gesamten Bruttostromerzeugung lag im Jahr 2015 bei fast 24 %.
Gaskraftwerke (TRL 9): Bei den modernen Gaskraftwerken kommen hauptsächlich zwei Konzepte zur Anwendung. Zum einen Gasturbinen für den stationären Einsatz. Bei der Gasturbinenbauart ist zu unterscheiden zwischen Gasturbinen schwerer Bauart (Heavy Duty, HD) sowie leichter Bauart (Aeroderivate, AD). Bei letzteren handelt sich um triebwerksabgeleitete Aggregate, die in kleineren Leistungsbereichen eingesetzt werden. Heavy-duty-Gasturbinen werden in einem Leistungsbereich von bis zu 350 MW angeboten. Heute erreichbare Wirkungsgrade liegen je nach Bauart und Größe in einem Bereich von 30 – 40 % (HD) bzw. 30 – 44 % (AD). Weitere Effizienzsteigerungen und Leistungserhöhungen können durch eine Vielzahl von Maßnahmen erreicht werden, die zwar zur kommerziellen Reife entwickelt worden sind, aber mit hohen Investitionen verbunden sind (z. B. Zwischenkühlung, Energierückgewinnung, Zwischenverbrennung, Eindüsung von Wasserdampf in die Brennkammer, Aufsättigung der Verbrennungsluft). Besondere Vorteile eines Gasturbinenbetriebs sind hohe Leistungsgradienten, Schwarzstartfähigkeit sowie kurze Anfahrzeiten. Die signifikante Steigerung der Gasturbinenwirkungsgrade bereitete auch den Weg für das Konzept der Gas- und Dampf-Kraftwerke. Modernste Anlagen erzielen heute Wirkungsgrade von 61 %. Die Wärme des Abgases wird bei heutigen Anlagen mit 3-Druck-Abhitzedampferzeugern (Kombinationen von Hochdruck- /Mitteldruck- und Niederdruckturbinen) genutzt, mit denen hohe Frischdampfzustände erreicht werden. Der nachgeschaltete Dampfturbosatz hat demzufolge höchsten Anforderungen zu genügen. Große Gas- und Dampf-Anlagen sind in aller Regel als Einwellenanlagen (single shaft) konzipiert. Der Dampfprozess ist in vielen Fällen für eine zusätzliche Auskopplung von Dampf ausgelegt, der sowohl als Fernwärme als auch als Prozessdampf genutzt werden kann. Die installierte Kapazität von Gaskraftwerken in Deutschland betrug im Jahr 2014 26,9 GW, die Bruttostromerzeugung belief sich im Jahr 2015 auf 59,6 TWh (ca. 9,1 % an der gesamten Erzeugung).
Exkurs: Kombikraftwerke und Polygeneration: Neben der direkten Verbrennung von Kohle besteht eine weitere Option darin, sie zu vergasen. Dieses Gas wird wiederum in einem nachgeschalteten Gas- und Dampfturbinenprozess (GuD- oder Kombi- Prozess) eingesetzt. Aufgrund des hohen Wirkungsgradpotenzials wurde das Kohlekombikraftwerk mit integrierter Kohlevergasung (IGCC: Integrated Gasification Combined Cycle) als besonders attraktiv angesehen und ist Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte. Die autotherme Kohlevergasung erfolgt bei hohen Temperaturen und Drücken, die in einer Bandbreite von 25 bis etwa 30 bar liegen. Das Synthesegas wird anschließend von Schadstoffen gereinigt und kann in einem Gas- und Dampfprozess genutzt werden. Das IGCC-Konzept bietet insbesondere Vorteile hinsichtlich einer möglichen CO2-Abscheidung, in Deutschland wurden bisher jedoch noch keine größeren IGCC-Kraftwerke realisiert. Als wesentliche Gründe sind zum einen die hohen Investitionen sowie zum anderen Akzeptanzprobleme (kohlegefeuerte Stromerzeugung und CCS) zu nennen. Einige IGCC-Kraftwerke wurden in jüngerer Zeit in den USA, China, Japan und Südkorea projektiert. Die angestrebten Wirkungsgrade der aktuell gebauten IGCC-Kraftwerke liegen bei etwa 42 %, womit sie derzeit keinen Effizienzvorteil gegenüber heutiger konventioneller Kraftwerkstechnik besitzen. Allerdings ist ein noch sehr hohes Effizienzpotenzial vorhanden (Optimierung der Vergasungsprozesse, Steigerung der Wirkungsgrade von Gas- und Dampfturbinen, Kombination mit Brennstoffzellen), welches jedoch wohl nur langfristig erschlossen werden kann und noch erhebliche F&E-Aktivitäten erfordert (z. B. Wasserstoffgasturbine, Hochtemperaturbrennstoffzelle etc.). Eine wesentliche Motivation für den Bau von IGCC-Kraftwerken ist die Möglichkeit, ein breites Brennstoffband (also auch minderwertige Kohle) nutzen zu können. Vor diesem Hintergrund ist auch der Bau von Polygeneration-Anlagen zu sehen.
Unter Polygeneration werden die gleichzeitige Produktion von Strom sowie die Erzeugung von Syntheseprodukten verstanden. Dabei wird nur ein Teil des Synthesegases in einem Kombikraftwerk zur Stromerzeugung genutzt, ein anderer Teil dient der Erzeugung chemischer Produkte, die erdöl- bzw. erdgasbasierte Energieträger substituieren können. Gegenüber konventioneller Stromerzeugung bieten Polygeneration- Anlagen hinsichtlich CO2-Emissionen einen Vorteil, da das CO2 des nicht verstromten Synthesegases nicht direkt emittiert, sondern in Produkten (z. B. Kraftstoffe, Ammoniak, Methanol etc.) gebunden wird. Aktuell wird der Einsatz von heimischer Braunkohle zur Herstellung von Kraftstoffen und Chemikalien auch in Deutschland diskutiert. Mit einer nachgelagerten Fischer-Tropsch-Synthese lassen sich unterschiedlichste Kraftstoffe erzeugen, eine weitere Option der Synthesegasnutzung ist die nachgelagerte Methanolsynthese. Derzeit gibt es weltweit noch keine in Betrieb befindliche Polygenerationanlage.
Quellen