Low-carbon- und ressourceneffiziente Industrie – Power to Heat
Definition des Technologiefeldes
Unter dem Stichwort Low-carbon-Kunststoffe werden hier zwei Technologielinien zusammengefasst, die auf eine energie- & ressourceneffiziente Herstellung von Kunststoffen zielen: Hocheffiziente Steam Cracker mit Carbon Capture zur anschließenden CO2-Endlagerung oder CO2-Wiederverwendung (CCS/CCU) und die rohstoffliche Verwertung von Kunststoffabfällen. Außerdem wird die Verwendung von Power-to-Heat (PtH) in industriellen Prozessen behandelt.
Low-carbon Kunststoffe: Im Steam Cracker werden zentrale Basis-Chemikalien (Olefine und Aromate) für die Kunststoffherstellung gewonnen. In Europa sind diese Anlagen überwiegend auf einen Einsatz von Naphtha (Rohbenzin) als Edukt ausgelegt. Naphtha wird unter Einsatz von Brenngasen, die als Nebenprodukt des Steam Cracking entstehen, gespalten. Aus den bedeutendsten Steam Cracker-Produkten Ethen und Propen werden u. a. die Kunststoffe Polyethylen und Polypropylen gewonnen. Bei einer rohstofflichen Verwertung der Reststoffe werden aus dem Kunststoffabfall wieder Moleküle zur Bildung neuer Kunststoffe gewonnen, womit Kohlenstoffkreisläufe geschlossen werden können. Die Pyrolyse ermöglicht eine Zerlegung der Polymere in Monomere (meist thermisch, katalytische Verfahren werden erforscht) bzw. eine Erzeugung von Brennstoffen. Durch Gasifizierung lassen sich darüber hinaus Wasserstoff und Kohlenmonoxid gewinnen und ein Synthesegas erzeugen, das wiederum für die Kunststoffherstellung verwendet werden kann.
Power-to-Heat: Als Power-to-Heat (PtH) werden Umwandlungstechnologien bezeichnet, bei denen elektrischer Strom in Wärme transformiert wird. Dabei kann es sich um rein elektrische Verfahren handeln, die Strom als Hauptenergiequelle in Wärme umwandeln oder um Verfahren, bei denen Strom als Hilfsenergie dient, um vorhandene (Niedertemperatur-)Wärme (z. B. Abwärme oder Umweltwärme) auf ein technisch nutzbares Temperaturniveau zu heben (Bsp. Wärmepumpe). Grundsätzlich wird zwischen direkten (induktiv/ konduktiv/dielektrisch) und indirekten (indirekte Widerstands-/Lichtbogen-/Infrarot-Erwärmung) elektrischen Erwärmungsverfahren differenziert.
Aktueller Stand der Technologie
Low-carbon Kunststoffe (TRL: Hocheffiziente Steam Cracker = 4, Pyrolyse = 8, Gasifizierung = 6): Verbesserte Materialien im Bereich der Pyrolyse-Fraktion des Steam Crackers sind in der Entwicklung. Die Pyrolyse-Fraktion besteht aus beheizten Rohren, die das Naphtha-Dampf-Gemisch durchläuft und sich dabei schlagartig erhitzt. Die hohen Temperaturen führen zur Bildung von Koks, der sich an den Rohrwänden niederschlägt und den Wärmetransfer behindert. Neuartige Keramikbeschichtungen der Rohrwände sollen das vermindern. Eine sehr viel weitergehende Maßnahme wäre die Senkung der Betriebstemperatur im Bereich des thermischen Crackens durch die Verwendung von Katalysatoren. Die Grundlagen zum katalytischen Cracken von Naphtha wurden im Rahmen von Demonstratoren und Prozessmodellierungen erforscht, aber großtechnisch noch nicht angewendet. Zum chemischen Recycling von Kunststoffabfällen mittels Pyrolyse wird weltweit geforscht; in Deutschland sind derzeit zwei Demonstrationsanlagen in Betrieb. Bei der Pyrolyse von Plastikabfällen entstehen als Produkt Alkane und Alkene, nur die Alkene lassen sich über Polymerisation in Kunststoffe verarbeiten. Bei der Gasifizierung wird das Polymer weitgehend in seine Grundbausteine, d.h. Kohlenstoff (als Kohlenmonoxid) und Wasserstoff zerlegt. Die Gasmischung kann als Brennstoff eingesetzt werden oder als Synthesegas in verschiedenen Syntheseprozessen zum Einsatz kommen. Es existieren nur wenige Projektbeispiele für die Gasifizierung von Kunststoffabfällen; in Deutschland werden Anlagen zur Gasifizierung aktuell nicht (mehr) betrieben.
Power-to-Heat (TRL: Branchenabhängig, z. B. Zementindustrie = 3, Eisen- & Stahlindustrie = 9): Zahlreiche Projekte, Plattformen und Cluster forschen zum Thema „Power-to-Heat“. Jedoch wurden bisher z. B. kaum langfristige Elektrifizierungspotenziale industrieller Prozesswärme untersucht, deren Entwicklung für eine Dekarbonisierung des Industriesektors sehr bedeutend ist. Häufig beschränken sich Untersuchungen auf kurz- bis mittelfristig erschließbare Flexibilisierungspotenziale und die Bereitstellung von Dampf mit eher ökonomisch orientiertem Fokus. Das Verfahren der konduktiven Erwärmung erfordert einen möglichst konstanten Werkstückquerschnitt und verliert daher wegen zunehmender geometrischer Komplexität vieler Bauteile an Bedeutung. Hingegen wird der induktiven Erwärmung eine zunehmende Bedeutung beigemessen aufgrund höherer Anforderungen an die Werkstoffqualität und an einen möglichst wirtschaftlichen und rohstoffsparenden Ressourceneinsatz. Bei der dielektrischen Erwärmung wird ebenfalls noch großes Entwicklungspotenzial gesehen, z. B. bei der thermischen Behandlung von keramischen Werkstoffen. Bei der Lichtbogenerwärmung können für die Stahlindustrie u. a. Entwicklungsbedarfe bzgl. der Chargenzeiten, des elektrischen Energiebedarfs und des Graphitverbrauchs identifiziert werden. Die Elektronenstrahlerwärmung bietet noch Potenzial bei der Reduzierung der Investitionen und der Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit.
Quellen