Nutzung von Erdgas- und Erdölinfrastrukturen sowie Raffinerien für strombasierte Brennstoffe
Definition des Technologiefeldes
Bestehende Infrastrukturen für Erdgas und Erdöl haben sich im Laufe der Zeit entwickelt und etabliert (Förderinfrastruktur, Transportleitungen, Schiffswege, Raffinerien, Tankbehältnissen etc.). Mit der Energiewende werden andere Energieträger die fossilen Kraft- und Brennstoffe in den Sektoren Wärme und Verkehr ersetzen. Es bedarf jedoch auch weiterhin einer Infrastruktur für strombasierte Gase und Fluide, allerdings mit anderen Eigenschaften und anderen Ausmaßen. Für die Infrastrukturen wird jeweils nach Art der Kraft- und Brennstoffe untersucht, ob und wie die bestehenden Infrastrukturen weiterhin genutzt werden können und wo ggf. Forschungsbedarf für eine künftige Nutzbarmachung besteht.
Aktueller Stand der Technologie
Erdgasinfrastruktur
Erdgasinfrastruktur umfasst neben dem Gasnetz auch Verdichter, Regel- und Messstellen sowie Gasspeicher. Die Länge des deutschen Gasleitungsnetzes beträgt im Jahr 2016 insgesamt ca. 479.000 km. Es gibt in Deutschland 49 Untertage- Gasspeicher an 39 Standorten. Diese können eine Kapazität von ca. 20 Mrd. m3 Arbeitsgas aufnehmen. Erdgas zählt zu den wichtigsten Importgütern. Eine wichtige Option zur Diversifizierung der Erdgasimporte und damit zur Verringerung von einseitigen Importabhängigkeiten stellen LNG (liquefied natural gas)-Importe dar. Von den strombasierten Gasen, welche die vorhandene Infrastruktur künftig nutzen sollen, werden hier Wasserstoff sowie Biomethan und synthetisches Erdgas (SNG) behandelt. Anders als synthetisches Erdgas und Biomethan unterscheidet sich Wasserstoff stark in seiner Gasbeschaffenheit gegenüber dem herkömmlichen fossilen Erdgas. Im Prinzip ist es möglich Wasserstoff dem Grundgas beizumischen; im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die bestehende Erdgasinfrastruktur weitgehend für ca. 10 Vol.-% H2 im Erdgas geeignet ist. Die Beimischung von H2 in Transportrohrleitungen wird als unkritisch eingeschätzt, man kann hier von einer H2- Beimischungsgrenze von bis zu 50 % ausgehen. Die geringe Energiedichte von Wasserstoff gegenüber Erdgas führt bei Zumischung von Wasserstoff zu einer geringeren prozentualen Transportkapazität von Transportleitungen genauso wie zu geringerer Gaseinspeicherkapazität von unterirdischen Kavernen- und Porenspeichern. Für beide Speichertypen muss außerdem untersucht werden, welche Werkstoffe, Bauteile und Zemente verwendet worden sind und inwiefern diese sich für Wasserstoff und Mischgas eignen. Die Brenngasspezifikationen von Gasturbinen stellen ebenfalls Ansprüche an den prozentualen Zumischgrad von Wasserstoff in das Grundgas. Die Eignung von Gasturbinen zur Verbrennung von Wasserstoff-Erdgasgemischen variiert hierbei je nach Turbine und Hersteller (zw. 1 und ca. 15 Vol.-% Wasserstoff). Ein wesentlicher Punkt hinsichtlich der Wasserstoffeinspeisung bzw. des Mischens mit Erdgas ist die Gasmessung (zur Brennwertbestimmung und Gasabrechnung). Die aktuell eingesetzten Prozess-Gaschromatographen (PGC) können den Wasserstoffanteil nicht genau genug messen. Folglich müssen die PGC nachgerüstet oder neue Gasmessgeräte installiert werden. Es wird davon ausgegangen, dass zukünftig ein nicht unerheblicher Teil des Wasserstoffs importiert wird. Hierzu wird der produzierte Wasserstoff vom Exporteur verflüssigt, entweder durch Druck und Kühlung oder als Fluid in einer chemischen Bindung, wobei es sich jeweils um einen energieintensiven Prozess handelt. Synthetisches Erdgas (SNG) kann aufgrund der ähnlichen verbrennungstechnischen und chemischen Eigenschaften ohne Probleme in die vorhandene Erdgasinfrastruktur eingespeist werden und vorhandene Erdgaskomponenten sowie Erdgasanwendungen können SNG nutzen. Biomethan weist je nach Substratbeschickung und Prozessführung eine unterschiedliche stoffliche Zusammensetzung auf (CH4- und CO2-Gehalt). Nach Entschweflung und Trocknung kann das Biomethan direkt als sogenanntes Zusatzgas in die Erdgasinfrastruktur eingespeist werden. Der Anteil am Gesamtgas kann erhöht werden, solange der Wobbe- Index des entstandenen Mischgases die vorgegebenen Grenzen nicht unterschreitet. Für L-Erdgas aus den Niederlanden beträgt die Untergrenze 11,0 kWh/m3 und für das H-Erdgas aus dem russischen Raum 13,6 kWh/m3. Alternativ kann vor der Einspeisung noch eine kostenintensive CO2-Abtrennung vorgenommen oder das anteilige CO2 mit Wasserstoff zu Methan aufbereitet werden. Dadurch kann das Biomethan eine Qualität erreichen, die es zum sogenannten Austauschgas macht, das in größeren Mengen einspeisefähig ist. Ob die bestehenden Gasnetzkapazitäten auch langfristig für Aufnahme, Transport/Transit, Verteilung und Abgabe ausreichen, hängt letztlich von einer Vielzahl an Faktoren ab. Maßgeblichen Einfluss haben die Entwicklungen der heimischen Gas- und Stromnachfrage sowie der Erzeugungskapazitäten für EE-Strom und strombasierte Gase (PtG). Je höher die „konventionelle“ Stromnachfrage ausfällt, desto weniger wird es inländische Produktionskapazitäten für strombasierte Brenn- und Kraftstoffe geben. Die Gasnachfrage ist dann stärker durch Importe zu decken. Je höher der Elektrifizierungsgrad des Gesamtsystems wird, desto geringer wird die Gasnachfrage ausfallen und desto eher wird das heutige Gasnetz auch in Zukunft ausreichen.
Quellen