Stromerzeugungstechnologien zur Abwärmenutzung

Definition des Technologiefeldes

Unter dem Überbegriff Thermoelektrik werden solche Vorgänge zusammengefasst, bei denen Wärme beispielsweise mit Hilfe von Halbleitern direkt und ohne bewegliche Teile in elektrische Energie umgewandelt wird. Die Wandlung von Wärme in elektrischen Strom ist bekannt als sogenannter Seebeck-Effekt.

Die technische Umsetzung dieses Vorgangs geschieht in sogenannten Thermoelektrischen Generatoren (TEG). Sie bestehen typischerweise aus zwei Wärmeübertragern zur Erzeugung einer heißen und einer kalten Seite sowie den dazwischenliegenden thermoelektrischen Modulen (TEM). Diese wandeln die sie durchfließende Wärme teilweise in elektrische Energie um. Je nach eingesetztem Material können TEG in unterschiedlichen Temperaturbereichen eingesetzt werden. Der Seebeck-Effekt ist reversibel, man spricht dann vom Peltier-Effekt.

Der Organic Rankine Cycle (ORC) -Prozess ist ein thermodynamischer Kreisprozess, ähnlich wie er in konventionellen Wasserdampfkraftwerken angewandt wird. Im Unterschied dazu wird dieser jedoch nicht mit Wasserdampf, sondern mit einem organischen Arbeitsfluid angetrieben. Meist erwärmt eine Wärmequelle einen Thermoölkreislauf, über diesen wird dann die Wärme mittels eines Wärmeübertragers an das Arbeitsfluid abgegeben. Das Fluid verdampft und treibt eine Turbine, einen Schraubenverdichter oder eine Hubkolbenmaschine an. Durch die Wahl des organischen Arbeitsfluids wie beispielsweise Silikonöle, Kohlenwasserstoffe (Butan, Hexene, Pentan, Ethanol etc.) oder konventionelle Kältemittel kann die Betriebstemperatur so weit heruntergesetzt werden, dass die Verstromung von Abwärme bereits ab 85 °C möglich ist.

Wie der ORC-Prozess basiert auch der Kalina-Prozess auf dem Kreisprozess, welcher in Wasserdampfkraftwerken angewendet wird. Die Besonderheit liegt im Arbeitsmedium: Beim Kalina Prozess wird ein Ammoniak-Wasser-Gemisch als Arbeitsfluid verwendet. Dieses hat den Vorteil, dass die notwendige Verdampfung nicht isotherm stattfindet und sich somit ein Siedebereich und kein fester Siedepunkt einstellt, wodurch sich der elektrische Wirkungsgrad gegenüber einem ORC- und Wasserdampfprozess erhöht. Ein zusätzlicher Vorteil der Verwendung eines Zwei-Stoff Gemisches ist die Möglichkeit der Anpassung des Mischungsverhältnisses an variable Abwärmemengen und -temperaturen. Durch die Einstellung eines Siedebereichs und möglicher variabler Temperaturen werden jedoch größere Wärmeübertragungsflächen benötigt. Außerdem ist das enthaltene Ammoniak toxisch und korrosiv, weshalb die Komponenten einer Kalina-Anlage aus besonders hochwertigem (und teurem) Material bestehen müssen (z. B. hochlegierte Stähle oder Titan). Hinzu kommt ein erhöhter Aufwand für Betrieb und Wartung der Anlagen, der sich aus dem Umgang mit dem toxischen Arbeitsmedium ergibt.

Aktueller Stand der Technologie

Thermoelektrische Generatoren (TRL 2 – 9): Das Haupteinsatzgebiet von Thermoelektrischen Generatoren ist derzeit die Verstromung von Abwärme aus Verbrennungsabgasen aus Biomasseheizkraftwerken (zukünftig auch aus Automobilabgasen). Außerdem werden Thermoelektrische Elemente in der Raumfahrt, als Sensoren in Messstationen sowie – unter Ausnutzung des Peltier-Effekts – zur autarken Energieversorgung der Kühlung von Autositzen, in Herzschrittmachern und auch in Campinganwendungen eingesetzt. Heute sind im Niedrigtemperaturbereich (< 250 °C) BiTe-(Wismuttellurid-)Module mit einem Wirkungsgrad bis zu ca. 5 % und einer Leistung bis 40 Watt kommerziell erhältlich. Kommerzielle, segmentierte Module, bei denen Wismut- und Bleitellurid (BiTe, PbTe) miteinander kombiniert werden, erreichen Wirkungsgrade von bis zu 7 % (bei einer Einsatzhöchsttemperatur von etwa 540 °C). Aufgrund der Giftigkeit von Bleitellurid wird nach Alternativen in der Materialauswahl geforscht. Ein großes Potenzial bieten in dieser Hinsicht insbesondere die Materialklasse der Skutterudite (abgeleitet von Mineral Skutterudit, CoAs3), Halb-Heusler-Legierungen, Silizide sowie modifizierte BiTe-Module mit erweiterter Temperaturstabilität. Entsprechende Generatoren befinden sich aktuell noch im Forschungs-, Prototyp- und Einzelanfertigungsstadium. Im Laborversuch konnten kaskadierte Module mit einer Kombination von Nieder- und Hochtemperaturmaterialien Wirkungsgrade von bis zu 20 % erreichen. Maßgeblich zur Bewertung eines Materials zur thermoelektrischen Nutzung ist der ZT-Wert (Thermoelektrische Gütezahl), welcher die Effizienz eines Materials angibt. Derzeit liegt dieser Wert bei kommerziellen Generatoren bei 1, Demonstrationsanlagen können jedoch bereits Werte von bis zu 2,4 erreichen. Für eine wirtschaftliche, kommerzielle und breite Anwendung (auch in Haushalten) werden Materialien mit einem ZT-Wert ab 3 vorausgesetzt. Geforscht wird derzeit u. a. auch an geeigneten Löttechniken zur Verbindung der elektrischen Kontakte, welche den erforderlichen hohen Temperaturunterschieden standhalten, langlebig sind und gleichzeitig einen niedrigen elektrischen Widerstand haben. Einen weiteren Forschungsschwerpunkt stellen nanostrukturierte Materialien dar (z. B. nanokristallines Silizium). Hier sind einerseits der Ersatz giftiger und teurer Materialien wie Blei und Tellur, anderseits höhere Wirkungsgrade das Ziel.

Organic Rankine Cycle-Prozess (TRL 6 – 9): Unter den hier behandelten Technologien zur Stromerzeugung aus Abwärme sind ORC-Anlagen die am weitesten entwickelte. Sie können mit Wirkungsgraden zwischen 10 % und 18 % elektrische Leistungen von 5 kW bis 15 MW liefern und arbeiten in Temperaturbereichen zwischen 85 °C und 530 °C. Höhere Temperaturen können auch genutzt werden, jedoch gibt es in diesem Temperaturbereich eine zunehmende Konkurrenz zu konventionellen Wasserdampfkraftwerken. Bisher werden ORC-Anlagen meist zur Nutzung von Geothermie und in Biomassekraftwerken bzw. -KWK-Anlagen sowie bei solarthermischen Kraftwerken eingesetzt. Wasserdampfkreislaufprozesse können wegen der physikalischen Eigenschaften des Wassers bzw. wegen des vergleichsweise niedrigen Temperaturniveaus der vorhandenen Abwärme (noch) nicht wirtschaftlich zur Abwärmeverstromung genutzt werden. Bislang wurden rund 180 ORC-Anlagen zur Abwärmenutzung in einem Leistungsbereich von 5 kW bis 7.500 kW vor allem für Temperaturen zwischen 80 °C und 300 °C in Deutschland installiert. ORC-Anlagen in unteren Leistungsbereichen gelten allgemein derzeit noch als unwirtschaftlich. In Deutschland werden jedoch aktuell ORC-Module in der Leistungsklasse 20 kW elektrische Nettoleistung entwickelt. In den Industriezweigen der Metallverarbeitung, der Glasherstellung und in der Landwirtschaft befinden sich ORC-Anlagen im Leistungsbereich zwischen 20 kW und 60 kW im Probebetrieb. Die allgemeine Forschung konzentriert sich weitestgehend auf die Entwicklung neuer Wärmeübertrager, Arbeitsmittel und Expander.

Kalina-Prozess (TRL 7 – 8): Während der Ölkrise (1970er Jahre) wurde der Kalina- Prozess zur Nutzung von industrieller Abwärme im Niedertemperaturbereich entwickelt. Nachdem sich die Ölpreise stabilisierten und auch die Abwärmemengen durch Prozessoptimierungen reduziert werden konnten schwand das Interesse an der Weiterentwicklung der Technologie. Durch den vermehrten Einsatz von Geothermieanlagen gewinnt die Kalina-Technik jedoch evtl. wieder an Relevanz. In Deutschland wurden bisher lediglich drei Anlagen mit Leistungen im unteren Megawattbereich installiert. Weltweit existieren weniger als zehn Anlagen, die überwiegend Demonstrationscharakter haben. Sie arbeiten in einem Temperaturbereich zwischen 80 °C und 200 °C bei Leistungen ab 0,5 MW.

Quellen

Viebahn, P.; Zelt, O.; Fischedick, M.; Hildebrand, J.; Heib, S.; Becker, D.; Horst, J.; Wietschel, M.; Hirzel, S. (2018): Technologien für die Energiewende. Politikbericht an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Wuppertal, Karlsruhe, Saarbrücken.


Grundlage dieser Zusammenfassung: Groß, B.; Manns, H. (2017): Technologiebericht 6.3 Stromerzeugungstechnologien zur Abwärmenutzung.