Aktueller Stand der Technologie
In der Tiefengeothermie wurden in jüngerer Vergangenheit wichtige Fortschritte erzielt, z. B. in der Erkundung von Reservoiren, wodurch es heute möglich ist, verschiedene Standorte für die Bereitstellung von Wärme und/oder Strom erfolgreich zu erschließen. Die Entwicklung von Projekten zur Nutzung geothermischer Systeme für die Wärmebereitstellung ist im Wesentlichen an vier Kriterien geknüpft: (1) es müssen nachweislich geeignete geologische Bedingungen vorhanden sein; (2) es besteht ein ausreichender und langfristig planbarer Wärmeabsatz sowie die Möglichkeit zum Anschluss an ein Wärmeverteilnetz; (3) das Fündigkeitsrisiko ist betriebswirtschaftlich tragbar und die Projektfinanzierung ist mit den hohen Anfangsinvestitionen, der langen Umsetzungsdauer und der langen Projektlaufzeit darstellbar; (4) es kann die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung gewonnen werden. Gemessen an diesen Kriterien bestehen gegenwärtig insbesondere im Süddeutschen Molassebecken im Großraum München gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektentwicklung. Im Oberrheingraben, welcher trotz eines erheblichen Potenzials bislang nur über eine geringe Anzahl von tiefengeothermischen Anlagen verfügt, ist die Akzeptanz der Bevölkerung und der Entscheidungsträger eher verhalten und der Zugang zu einer geeigneten Wärmeinfrastruktur (Wärmenachfrage und Verteilnetz) schwierig. Das Norddeutsche Becken, welches prinzipiell über das größte Potenzial verfügt, ist bislang nur durch einzelne Anlagen für die Wärmebereitstellung erschlossen. Neben der lokalen Nutzung der im Thermalwasser enthaltenen Wärme beispielsweise in Heilbädern und zur Gebäudeheizung (im Sinne von Nahwärme) stellt die Belieferung von Fernwärmenetzen heute die vorrangige Nutzung tiefer geothermischer Reservoire dar. Die Nutzung der Thermalwasserwärme zur Wandlung in Strom wird derzeit an acht Standorten verfolgt, wobei überwiegend ein- und zweistufige Organic- Rankine-Cycle (ORC) Kraftwerke zum Einsatz kommen. Die Stromerzeugung stellt am Großteil der Standorte eine Ergänzung zur Wärmebereitstellung dar. Eine reine Stromerzeugung ist bislang nur an drei Standorten realisiert. Neben der Nutzung der im Untergrund natürlich vorhandenen Wärme, ist die Speicherung von Wärme/Kälte in sogenannten Aquiferspeichern (Porenspeicher in Gesteinsschichten, aus denen das Grundwasser durch eingepresstes Erdgas verdrängt wurde) eine weitere Anwendungsoption geothermischer Systeme. Da Aquiferspeicher mit Kapazitäten von bis zu 10 GWh ausgeführt werden können, ist eine saisonale Speicherung thermischer Energie möglich. Die Nutzung von Aquiferspeichern zur Bereitstellung von Wärme oder Kälte ist insbesondere in Ballungsgebieten von Interesse, da geeignete Abnehmerstrukturen überwiegend in größeren Städten zu finden sind. Aquiferspeicher sind in Deutschland bislang erst an drei Standorten realisiert. Bei den bislang erprobten tiefengeothermischen Anlagen handelt es sich überwiegend um hydrothermale Systeme, die keine Stimulationsmaßnahmen erfordern und bereits die Kommerzialisierung erreicht haben (TRL 7-9). Daneben existieren hydrothermale Systeme, deren Wirtschaftlichkeit nur durch EGS erreichbar ist; ihre technologische Reife entspricht gegenwärtig dem Entwicklungsstadium Demonstration (TRL 6-7). Petrothermale Systeme, die in Deutschland das größte geothermische Potenzial ausmachen und ausschließlich als EGS erschlossen werden können, befinden sich national noch in der Technologieentwicklung (TRL 4). Die Aquiferspeicherung hat einen fortgeschrittenen Entwicklungsstand erreicht (Technologieentwicklungsstadium TLR 7-9), sodass vorrangige weitere Entwicklungsaufgaben im Bereich der System- und Betriebsoptimierung liegen